So tickt der neue SCB-Trainer
Wer ist Toni Söderholm?
Ein Mensch, der versucht, in der Balance zu sein. Ein Mensch, der soziale Kontakte benötigt, aber auch Ruhe schätzt. Und ein Mensch, der nicht viel braucht, um zufrieden zu sein, gerne in der Natur ist und sich Zeit für seine Nächsten nimmt.
Wirst du wegen deines Nachnamens noch immer fälschlicherweise für einen Schweden gehalten?
Das kommt vor, aber um einiges seltener als früher.
Hast du früher aus diesem Grund den Begriff «Finnen-Toni» für deine E-Mail-Adresse verwendet?
(lacht) Das ist lange her – damals war ich auf dem College in Nordamerika.
Und so weit entfernt ist der Schwede von dir ja nicht. Du bist im finnischen Kauniainen – schwedisch: Grankulla – aufgewachsen, einer zweisprachigen Stadt.
Genau, ich wurde zweisprachig erzogen. Was spannend ist, weil Finnen und Schweden doch ziemlich unterschiedlich sind.
Inwiefern?
Die Finnen haben einen Schritt gemacht. Aber sie sind nach wie vor introvertierter, die Schweden im Vergleich sozialer orientiert. Das zeigt sich auch im Führungsstil. Der Schwede diskutiert, nimmt Meinungen von anderen auf und lässt sie in die Beurteilung einfliessen. Der Finne ist in dieser Hinsicht eher altmodisch.
Und du bist irgendwo in der Mitte.
Ich mag das Soziale am Mannschaftssport, die gemeinsame Arbeit mit dem Coachingstaff, den Austausch mit den Spielern. Weil diese Arbeit aber sehr intensiv ist, schätze ich auch die Momente der Ruhe.
Du hast den Grossteil deiner Karriere für IFK Helsinki gespielt, warst aber von 2005 bis 2007 als Verteidiger beim SC Bern. Wir haben über finnische und schwedische Mentalität gesprochen. Wie hast du die Schweizer Mentalität kennengelernt?
Der damalige SCB-Trainer Alpo Suhonen sagte mir nach meiner Ankunft in Bern, ich solle auf jeden Fall die deutsche Sprache lernen. Dies gäbe mir die Möglichkeit, die Menschen vor Ort zu verstehen, die Kultur besser kennenzulernen – und nicht zuletzt sei es ein Zeichen des Respekts. Das war ein weiser Ratschlag von Alpo Suhonen. Von meinen Deutschkenntnissen profitiere ich auch heute. Die Schweizer mögen es, wenn man Respekt zeigt. Sie sind interessiert an Neuem, schützen gleichzeitig ihre Werte, ihre Errungenschaften. Das ist zu 100 Prozent verständlich. Auf meine sportliche Situation damals bezogen: Kommst du als Ausländer in eine neue Liga, ist es von Vorteil, wenn du spielerisch eine Bereicherung bist. Aber das reicht nicht. Du solltest auch deinen Teil dazu beitragen, dass die Kultur im Club weiterwächst. Und hierfür musst du die Kultur zuerst verstehen können. Das war immer mein Anspruch.
Und wie ist die Kultur im SCB?
Die Erwartungshaltung war damals hoch – und sie ist es noch immer. Das soll auch so sein.
Du hast in deiner Aktivzeit viele Trainer erlebt, etwa die in der Schweiz bekannten Alpo Suhonen, John van Boxmeer, Kari Jalonen und Antti Törmänen. Inwiefern hatten sie Einfluss auf deine Art, jetzt als Trainer zu coachen?
Jeder hat mir etwas gegeben, dafür bin ich dankbar. Ich habe als Spieler häufig hinterfragt, weshalb ein Trainer dieses oder jenes tut, so oder so reagiert, und ob sich dahinter eine Message versteckt. Letztlich nimmst du von jedem etwas mit und sortierst dann für dich, was zu dir passt und was nicht.
Wie sieht deine Philosophie aus?
Meine Überzeugung ist: Will ein Spieler sein Maximalpotenzial erreichen, muss er herausfinden, was funktioniert und was nicht. Als Trainer gebe ich Tipps und Leitplanken, aber entscheidend ist, dass der Spieler die Neugier hat, das Spiel für sich zu entdecken und zu sehen, welche Aktion welche Folgen hat. Deshalb ist mir wichtig, dass die Spieler keine Angst haben, Fehler zu begehen. Ob in der dritthöchsten Liga Deutschlands, in der National League oder in der NHL: Die Fehler sind immer dieselben – du verlierst deine Scheibe, oder du verlierst deinen Mann. Der Unterschied ist das Tempo; je höher die Liga, desto höher das Tempo. Aber die Fehler ähneln sich. Wer das Spiel schnell kapiert, schnell lernt, wie es funktioniert, das Spiel lesen und sich selbst «teachen» kann, der wird viel erreichen. Vorausgesetzt, es stimmt auch auf der körperlichen und mentalen Seite. Deshalb will ich mutige Spieler, die mit Leidenschaft auftreten und ihre Mitspieler besser machen.