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25.11.2021 | INSIDE OUT

Was unsere Augen sehen...

Raeto Raffainer nimmt in seiner Kolumne «Inside Out» Stellung zu Analytics-Datenbanken im Sport.

Wir alle kennen es: Nach einem gewonnenen Spiel sind Freude und Energie im Stadion spürbar bis unter das Hallendach. Ob es knapp war, verdient oder unverdient, das Resultat beeinflusst im Positiven wie auch im Negativen die Wahrnehmung des Spiels.

 

Wenn die Emotionen abgeklungen sind, ist es aber interessant, nüchtern und genau hinzuschauen. Das ist die Arbeit der Coaches und unseres Sportchefs. Dabei helfen uns ihr Fachwissen und die Erfahrung. Aber wir lassen uns zusätzlich herausfordern von den Daten einer Analytics-Firma. Die Statistik-Spezialisten kommen vier Mal in der Saison zu uns und konfrontieren uns mit der Analyse ihrer emotionslosen Computer-Daten.

Die erste Analyse nach elf Spielen hat gezeigt, dass wir nicht so schlecht unterwegs waren, wie es die Resultate vermuten liessen. Die zweite Analyse nach 22 Spielen hat ergeben, dass wir trotz dem Steigerungslauf vor der Novemberpause noch einiges Potenzial haben: Es ist nicht alles so gut wie die momentanen Resultate. Es relativiert sich also sowohl im Positiven als auch im Negativen. Aber etwas nicht Messbares, die Art und Weise, wie unsere Mannschaft mit Kampfgeist und Opferbereitschaft auftritt, macht unabhängig von den Resultaten Freude.

Wir erhalten von der Analytics-Auswertung jeweils einen Standard an Daten. Dabei wird das Spiel mit und ohne Puck in allen drei Zonen komplett auseinandergenommen und Ligaweit verglichen. Spannenderweise interessiert die Sportverantwortlichen und Coaches das Schussverhältnis eines Spiels oder die Plus/Minus-Statistik eines Spielers praktisch überhaupt nicht mehr, obwohl diese beiden Statistiken nach wie vor grosse Präsenz in den Medien haben. Uns interessiert viel mehr, wie sich das Spiel in unserem System weiterentwickelt, wie oft wir unsere Zone in Scheibenbesitz verlassen, wo und wie wir mit dem Puck ins Offensivdrittel eindringen können und wie viele Abschlüsse in welcher Qualität sich daraus ergeben. Dabei bevorzugen wir wenige qualitativ hohe Abschlüsse gegenüber vielen schlechten. Damit erklärt sich auch, warum die reine Schussstatistik keinen grossen Wert mehr hat. Denn sie ist rein quantitativ und sagt nichts über die Qualität der Schüsse aus.

Die Daten, die wir erhalten, gehen bis in Details wie beispielsweise folgendes: Welche Linie erarbeitet gegen welchen Gegner mehr Chancen, wenn sie von links in die gegnerische Zone eindringt, als wenn sie es von rechts tut. Aspekte wie dieser haben selbstverständlich nur bedingt Relevanz. Aber wir sind dank all dieser Daten fähig, unser Spiel in 1000 Puzzle-Teile zu zerlegen, falls die Experten dies möchten. Interessant ist dabei, dass am Ende über 90 Prozent der wichtigen Daten mit dem übereinstimmt, was unsere Augen sehen. Und wie schon erwähnt, haben uns die letzten Wochen ja vor allem in einem bestätigt: Auch die beste Analytics-Datenbank und ihre Auswertung kann Teamgeist, Einsatz und Willen nicht ersetzen.

DEEN